Wo wären sie
lieber?
Auf `ner Yacht im Mittelmeer mit einem Kasten kalter Cola in Reichweite
oder in schweren Eisenketten zur Zwangsarbeit im Steinbruch angeschmiedet? Auf
`ner Yacht, wo drei Geishas in transparenten Saris Ihnen den Rücken eincremen,
kühlen Wind zufächeln und Ihnen die Füße kraulen oder mit Hammer und Pickel
bewaffnet bei vierzig Grad im Schatten an einem schönen Platz in der Sonne beim
Steinekloppen? Wollen sie sich lieber über ihren Leibkoch ärgern, weil der
schon wieder vergessen hat, Eis unter die Kaviarperlmuttschale zu legen, oder
froh sein, wenn der Aufseher zu Feierabend die Bleinäpfe mit den Heringsköpfen
verteilt?
Keine
einfache Frage, ich weiß, `s is unterschiedlich, das kann man so nicht sagen.
Kommt halt immer drauf an, was Sie gerade mögen. Wenn sie sich einfach nur
erholen möchten, dann rate ich Ihnen zur Yacht. Fals sie aber Muße haben, Ihre
persönliche Freiheit mal zu erproben, dann sind Sie besser im Steinbruch
aufgehoben, denn wo sonst hätten Sie Gelegenheit, sich zu fragen, ob Sie sein
möchten, was Sie sind? Sie wären ein Sklave und wären es wahrscheinlich nicht
gern. Das ist ein hervorragender Ausgangspunkt, um sich zu überlegen, ob man
nicht vielleicht lieber etwas anderes wäre. Vielleicht ein Selbstmörder, der
die Quälerei auf diese Weise beendet? Vielleicht ein Flüchtling, der lieber
riskiert, auf der Flucht von hinten erschossen zu werden? Oder vielleicht der
leidenschaftliche Wortführer der konspirativen Widerstandsgruppe mit dem
Geheimcode „Raus aus`m Bruch“?
Das sind
bereits drei Möglichkeiten, die ihnen auf der Yacht nicht eingefallen wären.
Und damit haben Sie auch schon die Freiheit der Wahl, und damit klebt Ihnen bereits
die Pflicht der Wahl an der Backe. Oh! Sie haben sogar noch eine Vierte
Möglichkeit, Sie können nämlich auch bleiben, wer Sie sind, geht auch. Dann
sind Sie Opfer der Umstände geworden, aber das macht sich unsexy im Nachruf.
Nun, selbst wenn Ihr ganz persönlicher Steinbruch, geneigter Leser, nur ein
Innenstadtbüro ist und Ihre Gehaltsabrechnung Ihnen jeden Monat ein Lächeln ins
Gesicht zaubert, so müssen sie sich doch entscheiden, ob Sie allein oder zu
zweit Liebe machen wollen, ob Sie schön oder hässlich, gut oder schlimm, groß
oder klein, dick oder dünn, schlau oder doof, ja sogar, ob Sie glücklich oder
unglücklich sein wollen. Denken Sie bloß nicht, ein Schicksal hätte ihnen Ihr
Schicksal aufgezwungen, denn Ihr Schicksal sind immer nur Sie und was Sie
entscheiden zu sein. Wenn als Sie, lieber Leser, gern fies und hässlich, klein
und einsam, dick und doof und unglücklich sein wollen, wünsche ich Ihnen
aufrichtig viel Freude dabei, vorausgesetzt, Sie sind mit Absicht so und nicht
aus Versehen. Wir haben eine Pflicht zur Freiheit, falls wir die werden wollen,
die wir sind, und da kommen wir nicht weit mit einem Kasten kalter Cola.
Nur: sauber
bleiben tun wir dabei nicht. Denn wenn wir uns heute für das Schöne
entscheiden, dann steht morgen das Hässliche da und greint, weil es allein
übrig bleibt. So ist das im Leben, beides zusammen geht nicht, kannste nix
machen.
Ihr von den
schlimmsten Zahnschmerzen der Welt – und was das bedeutet, das wissen Sie ja –
geplagter
Sugar Brown
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